LeutePublikationsdatum 01.07.2021
Othmar Keel's Traum
Von Ruth Dreifuss
Dem BIBEL+ORIENT Museum bin ich zuerst in der Form eines Traums begegnet, des Traums von Professor Othmar Keel. Er sprach davon am Tag, an welchem ihm der älteste und wichtigste Wissenschaftspreis der Schweiz verliehen wurde. Jedes Jahr zeichnet die Marcel Benoist Stiftung eine «Forscherin oder einen Forscher für bedeutende Arbeiten aus, die einen Nutzen für das menschliche Leben und damit für die ganze Gesellschaft stiften». Für viele Auserwählte war der Benoist-Preis die Vorstufe für den Nobel Preis.
Es gibt jedes Jahr eine ganz spezielle Sitzung, welche die Vorsteherin oder der Vorsteher des Eidg. Departement des Innern präsidieren muss. Für zwei Tage trifft sich ein hochkarätiges wissenschaftliches Gremium, dessen Aufgabe es ist, den jährlichen Preisträger oder die Preisträgerin zu erküren. In der Zeit, als ich diese Sitzungen, die mir einen unverzichtbaren Einblick in den Stand der Schweizer Forschung gewährten, präsidieren durfte, beschlossen wir zukünftig auch eminente Vertreter der Geistes- und Sozialwissenschaft zu honorieren. Umso glücklicher war ich als 2005 Othmar Keel erkoren wurde, nur vier Jahren nach seinem Kollegen der Theologischen Fakultät Freiburg, Ruedi Imbach.
Mit der Ausstellung «Gott weiblich» (« L’Eternel féminin») zeigte Othmar Keel, was das erhoffte Museum einem breiten Publikum bringen würde: die Erschliessung und die konservatorische Erhaltung der Objekte, die er über Jahrzehnte gesammelt hatte, die Möglichkeit weiter zu forschen und noch vieles mehr. Es fördert das Verständnis über die Ursprünge unserer Zivilisationen, zeigt wie vielfältig diese Wurzeln sind und wie reichhaltig, wie fruchtbar ihr gemeinsamer Nährboden, der Orient, war. Das BIBEL+ORIENT Museum, der Traum der Realität wurde, stellt die Bibel in ihrer Gegend und in ihrer Zeit dar, wie sie als Ergebnis unzähliger Beiträge von verschiedenen Menschengruppen entstanden ist. Wie das ganze Werk von Othmar Keel, übermittelt das Museum Toleranz und Bescheidenheit und fördert unser Wissensdurst.
Die ehemalige Bundesrätin Ruth Dreifuss war 1999 die erste Bundespräsidentin der Schweiz. In den letzten Jahren hat sie unter anderem die Weltkommission für Drogenpolitik vier Jahre lang präsidiert. 2019 wurde sie Mitglied des Vereins «BIBEL+ORIENT Museum».